Hitze, Saharastaub und ein Erdbeben – Bike-Packing Kreta

Ankunft – 18.05.25

Am 18. Mai 2025 machten sich Sascha Kaufmes, Jan Weber, Christian Weber und Lennard Schmidt auf den Weg nach Kreta. Unsere Idee war, die Insel in sieben Tagen einmal mit dem Rad zu umrunden und dabei ca. 850 Kilometer und 17.000 Höhenmeter zurückzulegen. Obwohl lange und bis ins Detail geplant, gab es gleich beim Abflug aufgrund einer ca. dreistündigen Flugverspätung die erste Verzögerung. So erreichten wir erst nachts um ca. 24 Uhr die Insel und fuhren direkt in die für die Woche gebuchte Ferienwohnung im Zentrum von Heraklion. Da es bereits so spät war, entschlossen wir uns, die Räder erst am nächsten Tag zusammenzubauen und nur noch kurz etwas zu essen, um dann eine letzte Nacht in einem Bett zu verbringen mit der Aussicht auf sieben Tage Abenteuerurlaub.

Tag 1 – 19.05.25 (Karte)

Nach dem Aufstehen wurden die Räder vorbereitet, die letzten Taschen gepackt und ein ausgiebiges Frühstück eingenommen. Gegen 10 Uhr machten wir uns auf den Weg aus der Großstadt in Richtung Osten entlang der Nordküste der Insel. Anfangs standen ca. 55 km durch touristisch voll erschlossene Ortschaften an. Hier gabe es bereits kleinere Gravelpassagen, aber erst einmal nichts wirklich Herausforderndes, was allen erlaubte, sich mit dem schwerbepackten Bike vertraut zu machen.

Nachdem man sich eingerollt hatte und sich langsam an das Klima gewöhnte, standen die ersten Berganstiege auf Gravelpisten an. Direkt an der Küste gelegen erlaubte dies einen wunderschönen Blick aufs Meer und die raue Natur. Die Wege waren überwiegend gut fahrbar, bis es kurz vor der nächsten Ortschaft zu einem abrupten Stop kam. Hier hatte jemand offensichtlich die Straße mit großen Felsbrocken blockiert. Da wir uns an der Küste befanden, konnten wir diese Passage nicht umfahren. Auf der einen Seite die Steilküste und auf der anderen Seite der steile Berg, was bedeutete, die Fahrräder mit Gepäck über die Felssteine zu tragen. Da niemand das Hindernis alleine bewältigen konnte und auf die Hilfe aller angewiesen war, wurde die Sperre erfolgreich in Teamarbeit überwunden.

Anschließend ging es weiter stetig ansteigend ins Landesinnere auf den ersten Berg. Oben angekommen nahm man in einer kleinen Dorftaverne das erste griechische Mal mit Salat, Zaziki und Souflaki zu sich. Anschließend ging es durch die Berge weiter bis zur Abfahrt hinunter nach Plaka. In der Abfahrt bot sich die  Aussicht auf die letzte 1957 geschlossene Europäische Leprakolonie auf der heute unbewohnten Insel Spinalonga. In Plaka angekommen entschied man sich die letzten verbleibenden 21 km über Agios Nikolaos zum ersten Strandlager zu nehmen.

Nach einem schnellen Einkauf wurde dann am Strand bei bereits einsetzender Dämmerung das Lager aufgeschlagen. Nachdem die Zelte aufgebaut waren, konnte das erste Bad im Meer genommen werden, bevor man sich dann mit dem mitgebrachten Adventurefood stärkte und den verdienten Schlaf im Zelt suchte.
Tag 1: 127 km, 2.144 hm

Tag 2 – 20.05.25 (Karte) 

Nach der ersten Nacht im Zelt ging es weiter in Richtung Osten auf der Küstenstraße. Nach den Erfahrungen des Vortags entschieden wir uns, kleinere, sehr steile und nicht notwendige Gravelabschnitte auszulassen und auf der Küstenstraße zu bleiben, auch wenn hier ein reges Verkehrsaufkommen herrschte. Erst nach ca. 15 Kilometern vor der ersten nennenswerten Erhebung ging es wieder ins Gelände – stetig bergauf unterhalb der Küstenstraße, bevor wir diese kreuzten. Nach wenigen Kilometern erreichten wir das erste Tagesziel, ein Café mit wunderbarem Blick über die Küste auf halbem Weg nach Sitia.

Leider ereilte Lennard im Anstieg das Defektpech. Nachdem er anfänglich davon ausgegangen war, dass ein Schaltzug gerissen sei, stellte sich dann aber schnell heraus, dass ein Schaltröllchen bzw. das innenliegende Kugellager seinen Geist aufgegeben und sich das Röllchen festgesetzt hatte. Ein solches Ersatzteil wurde natürlich nicht mitgeführt, so dass Christian erst einmal mit Hilfe von Sitzcreme anstelle von Kugellagerfett das Kugellager vorübergehend reparieren konnte. Da aber nicht klar war, wie lange diese Reparatur nun halten würde, entschieden wir uns, wieder zurück nach Agios Nikolaos zu fahren. Wir hatten die Hoffnung, im dortigen Fahrradverleih ein entsprechendes Ersatzteil erwerben zu können. Auf dem Weg fuhren wir an einem weniger vertrauenserweckenden Fahrradladen (der gesamte Hof stand voll mit schrottreifen Rädern und Motorrollern) vorbei und entschieden uns dennoch, zunächst hier unser Glück zu versuchen. Im Inneren dann die Erleichterung: es handelte sich um einen Shimano Partner und es gab diverse unterschiedliche Ersatzteile. So wurde dort das Fahrrad schnell wieder fit gemacht und es konnte weiter gehen.

Anschließend gab es dann am Meer in einer Taverne einen schönen Mittagssnack bei nun schon sehr hohen Temperaturen. Ab diesem Zeitpunkt war klar, dass das Tagesziel nicht zu erreichen war, weshalb schnell eine Alternativroute durch das Landesinnere an die Südküste der Insel geplant wurde. Auf anspruchsvollen Schotterwegen ging es sodann quer über die Insel und Berge an die Südküste. In Ierapetra angekommen fuhren wir vorbei an den dortigen Gewächshäusern in Richtung Myrtos zum nächsten Schlafplatz. Wir gingen zunächst von flachen Kilometern aus, stellten aber schnell fest, dass diese immer wieder von kurzen knackigen Rampen geprägt waren, was weitere Kräfte zog, allerdings nun bei angenehmeren Temperaturen.

In Myrtos angekommen wurde eingekauft und ein wunderbarer Schlafplatz mit Feuerstelle gefunden. Schnell waren die Zelte aufgebaut und das allabendliche Bad im Meer genommen, bevor man sich Pizza holte und das Lagerfeuer für einen ruhigen Abend entfachte.
Tag 2: 104 km, 1.834 hm

Tag 3 – 21.05.25 (Karte)

Am nächsten Tag ging es dann bei weiter steigenden Temperaturen an der Südküste entlang Richtung Westen. Da die Erfahrungen der vorausgegangenen Tage gezeigt hatten, dass das Fahren auf den Gravelrouten mit dem ganzen Gepäck sehr anspruchsvoll ist, entschieden wir uns nun, die Route grundsätzlich auf „Fahrradwege“ umzustellen, was laut Koomot ausschließlich befestigte Straßen beinhalten sollte. Dies stellte sich schnell aber als Fehlinformation heraus, denn es waren überwiegend Gravelstrecken nach eher deutschem Vorbild mit steilen Anstiegen.

Mitte der Etappe wartete dann auch die erste große Herausforderung: Ein Anstieg über ca. 13 Kilometer mit 800 Höhenmetern, alles auf Schotteruntergrund. Am Fuß des Anstiegs angekommen war der erste Kilometer sehr fordernd, da dieser mit durchweg über 10 Prozent sehr steil war und dazu komplett ausgewaschen. Dort hinauf musste jeder mal kurz schieben, da die Passage nicht immer fahrbar war. Nach dem ersten Kilometer entschädigte die Route aber über die verbleibenden 12 Kilometer mit feinstem Gravel und einer unglaublichen Aussicht. 

Fast oben angelangt fand sich ein Plätzchen an einer Quelle im Schatten des ersten Baumes auf diesem Abschnitt. Dort wurde auf alle gewartet und ein Päuschen gemacht, bevor es noch ein kleines Stück bergauf zur Passhöhe und anschließend in die Abfahrt auf Straßenbelag ging. Wir erreichten ein Hochplateau, bevor es stetig abfallend an die Küste in den Ort Pitsidia ging. Dort wurde ein ausgiebiges Abendessen zu sich genommen bevor es im nun bereits Dunkeln runter an den Strand ging, zum Aufschlagen des Nachtlagers und natürlich dem Bad im Meer.
Tag 3: 114 km, 1.900 hm

Tag 4 – 22.05.25 (Karte)

Der Morgen des vierten Tages begann mit einer neuen Überraschung, zumindest für einen Teil der Reisenden. Sie wurden durch ein Erdbeben geweckt, während die zwei anderen davon im Schlaf nichts mitbekamen. Sie wollten ihnen erst keinen Glauben schenken, aber dann hörten sie auch von deutschen Spaziergängern, dass es vor der Nordküste ein Beben der Stärke 6,1 auf der Richterskala gegeben hatte. Eine völlig neue Erfahrung, mit der keiner gerechnet hatte.

Nachdem alle Sachen gepackt waren, entschied wir uns, weiterhin auf der Route zu bleiben, allerdings ausschließlich auf der Straße mit festem Asphalt zu fahren, da wir unbedingt eine Fähre am nächsten Etappenziel Sougia erreichen mussten, wenn wir nicht einen großen Umweg in Kauf nehmen wollten. Gut gestärkt und hoch motiviert ging es los, weiterhin über diverse Berge mit Anstiegen von 400 bis 800 Höhenmetern.

Da der bisherige Weg bereits sehr kräftezehrend war, splittete sich die Gruppe immer mehr auf. Die Verabredung war, am höchsten Punkt auf alle zu warten. Als die Gruppe sich dort wieder zusammen gefunden hatte, stellte sie fest, dass das Tagesziel und die Fähre nicht mehr realistisch zu erreichen waren. Nach kurzer Besprechung entschieden wir uns, nun die komplette Tour zu verändern, da die nächsten Tage auch mit weiter steigenden Temperaturen auf bis zu 36 Grad und starken Winden zu rechnen war. Also fuhren wir wieder quer über die Insel an die Nordküste nach Rethymno. Dabei lernten wir das sehr abwechslungsreiche Inland der Insel kennen.

Angekommen in Rethymno fanden wir einen Strandzugang, an dem gerade die Eröffnung einer Strandtaverne stattfand. Dies wurde zu einem ausgiebigen Abendessen genutzt. Im netten Gespräch mit den Inhabern vereinbarten wir, ein Stück weiter am Strand zu übernachten und die Taverne über die Nacht für den Zugang zu den Toiletten und Strandduschen zu nutzen. Dies wurde sodann auch ausgiebig wahrgenommen, allerdings erst nach dem obligatorischen Bad im Meer.
Tag 4: 92 km, 1.878 hm

Tag 5 – 23.05.25 (Karte)

Beim gemeinsamen Frühstück besprachen wir den weiteren Verlauf der Radreise unter Berücksichtigung der Wettervorhersage. Wir entschieden uns, für diesen Tag eine kürzere Tour mit Sightseeing-Elementen zu fahren. 

So wurde als erstes im Landesinneren das Kloster Arkadi angesteuert. Es ging also über kürzere Ansteige von bis zu 400 Höhenmeter langsam ins Landesinnere. Mit der steigenden Höhe kletterten nun auch die Temperaturen bis auf 40 Grad in der Sonne, was aber dank der abwechslungsreichen Landschaft nicht mehr als so problematisch empfunden wurde. Außerdem fuhren wir nur noch auf Straßen, um für etwas Entlastung der allmählich schwerer werdenden Beine zu sorgen. Das Kloster wurde besichtigt und es ging weiter zu einer verfallenen Kathedrale in einem Bergdorf. Nach deren Besichtigung ging es dann auf neuer Route zurück an den Strand. 

Wir durchquerten schöne Täler mit Orangen- und Mandarinenplantagen, passierten einen Stausee und genossen die wunderschön abwechslungsreiche Landschaft, bevor es zurück ans Meer ging. Auf dem Weg dorthin nahmen wir in einer Taverne noch ein typisch kretisches Essen mit selbst gemachter geräucherter Wurst und anderen Spezialitäten ein, was definitiv für die Tagesstrapazen entschädigte.

Danach ging es runter in eine verlassene Bucht. Hier erholten wir uns mit geschenkten Orangen und Mandarinen und dem obligatorischen Bad im Meer. Dies sollte dann auch die letzte Nacht im Zelt fernab der Zivilisation sein, da wir uns aufgrund der weiter steigenden Temperaturen und den angekündigten starken Winden entschlossen, durchs Landesinnere zur Unterkunft zurück zu fahren.
Tag 5: 75 km 1.335 hm

Tag 6 – 24.05.25 (Karte)

Nach dem letzten Frühstück am Zelt, bei dem das verbliebene Adventurefood auf den Tisch kam – ganz gleich ob warm oder kalt, denn letztendlich eignet sich alles als Frühstück –  ging es dann wieder hoch in Richtung Küstenstraße. Aufgrund des unwegsamen Geländes und des langsam auffrischenden Windes ging es weiter auf festen Straßen und leider auch für ca. acht Kilometer über einen Highway. Auch dies war eine Erfahrung wert, allerdings waren wir auch ganz froh, wieder ins Landesinnere abzubiegen ohne das hohe Verkehrsaufkommen der Küste.

An den einzelnen kleineren Bergen stieg die Wärme bis auf 44 Grad in der Sonne, Schatten gab es auch weiterhin keinen. Schließlich kehrten wir zum Mittagessen in einer Taverne zum griechischen Salat ein, was definitiv sehr hilfreich für alle war, da inzwischen die Temperaturen kaum noch zu ertragen waren, trotz des stark zunehmenden Windes.

Nach dem Mittagessen ging es durch Olivenhaine weiter Richtung Heraklion. Hierbei befuhren wir offizielle Straßen, die sich aber als eher laienhafte zusammengestellte Betonpisten herausstellten. Der Wind/Sturm mischte sich nun mit Saharastaub, was die Sicht erschwerte und die Augen reizte. So waren wir ganz froh und dankbar, am Abend endlich die Unterkunft zu erreichen. Dort angekommen stärkten wir uns und genossen die Vorzüge der Zivilisation.
Tag 6: 88 km 1.984 hm

Tag 7 – 25.05.25 (Karte)

Die Nacht in der Unterkunft bestätigte die Bike-Packer in ihrer Entscheidung, auf verkürzten Routen zurückzukehren, da sich ein Sturm entwickelte, der in der Nacht alle auf der Dachterrasse gelagerten Kleidungsstücke durcheinander wirbelte. Einzelne Teile mussten am nächsten Tag noch in den Vorgärten der Nachbarn gesucht werden, obwohl bereits nachts viele Sachen in Sicherheit gebracht werden konnten. Weiterhin war der Wind mit Saharastaub vermischt und die Sicht eingeschränkt, was aber auch gleichzeitig bedeutete, das die Temperaturen nun wieder angenehmer waren. 

Nach einem ausgiebigen Frühstück rollten wir mit dem Rad zum Palast von Knossos, einem über 3.000 Jahre alten Tourismus-Highlight auf Kreta und anschließend vorbei an der Koules Festung in den venezianischen Hafen. Dort fuhren wir die mehrere Kilometer lange Mole entlang und hatten so einen wunderbaren Blick auf die Stadt, den Hafen und das Meer.

Nach einem Mittagessen im „Burger Tempel“ ging es zurück und wir begannen, die Fahrräder wieder rückreisefertig zu machen. Christian hatte noch für einen sehr leckeren Salat gesorgt, so dass wir die Reise bei einem tollen Abendessen ausklingen lassen konnten. Hierbei begleitete uns allerdings leichter Regen gemischt mit Saharastaub, was alles mit einer feinen Schlammschicht überzog. So haben wir auch dieses Phänomen einmal erleben dürfen. 

Tags darauf erfolgte dann nur noch die komplikationsfreie Rückreise nach Deutschland und das Verarbeiten der vielen unterschiedlichen Eindrücke. Insgesamt wurden von unseren Radcomputern in den sieben Tagen 630 Kilometer mit 11.400 Höhenmetern aufgezeichnet. Trotz ungeplanter Herausforderungen und körperlicher Strapazen war die Reise doch für alle ein spannendes und unvergessliches Erlebnis, das nicht nur ihren sportlichen Erfahrungsschatz um viele neue Eindrücke erweitert hat.
Tag 7: 30 km, 302 hm

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