Glitzernde Strände, steile Gipfel, leere Wüsten und tropische Regenwälder – Saschas persönliche „GRANGUANCHE“

Raus aus dem Alltag … rein ins Abenteuer!
Davon träumen viele, vor allem in der dunklen Jahreszeit.
RSG-Sportler Sascha Kaufmes hat es einfach mal gemacht.

Am 13. Januar ging der Flieger vom kalten, ungemütlichen Hannover ab Richtung kanarische Inseln. Mein Gepäck bestand aus einem Radkoffer plus 8 kg Handgepäck. Mehr braucht es nicht, wenn man sich auf die „Granguanche Gravel-Route“ begibt.

Den sogenannten „Granguanche“ gibt es erst seit wenigen Jahren. Der Spanier Matteo Minelli hat das Event 2021 ins Leben gerufen. Genaugenommen sind es sogar drei Events. Im November MTB/Trail, im Januar Roadtour und im März jagen die Gravelbiker über insgesamt fünf kanarische Inseln.

Neben den drei Events gibt es allerdings auch die Möglichkeit, sich die jeweiligen Routen von Matteo’s Homepage runterzuladen, sodass man jederzeit die perfekt gescoutete Strecke abfahren kann, ohne sich Gedanken um die Streckenplanung machen zu müssen. Darüber hinaus bietet Matteo einen Bikebox-Transport von Lanzarote nach Teneriffa an. Ich entschied mich für die Gravelroute.

Die ersten Gravel-Kilometer auf Lanzarote

Tag 1
Am 14. Januar ging es von der Costa Teguise auf Lanzarote erstmal Richtung Norden. Nach ca. einer Stunde bog ich dann auf den Original-Track ein. Bei bestem Wetter ging es über feinste Schotterpisten an der nördlichen Steilküste entlang. Der Offroadanteil der Route liegt bei etwa 75%.

Es dauerte nicht lange, da traf ich auch schon auf die ersten Gleichgesinnten. Zwei junge Engländerinnen machten ihr Selfie auf dem ersten erklommenen Anstieg. Im kurzen Gespräch stellte sich heraus, dass an diesem Tag ein Event gestartet worden war – die „Komoot Women’s Rally“. 45 Frauen auf ihren Gravelbikes waren am frühen Morgen in Órzola (Lanzarotes nördlichstem Punkt) gestartet. Alle unterwegs auf der „Granguanche-Route“. Es würde also nicht ganz so einsam auf der Strecke werden wie gedacht.

Im Sonnenuntergang geht’s gemeinsam Richtung Fähre

Weiter ging es, im ständigen auf und ab durch die Lavawüsten und schließlich, nach 114 km und 1.700 hm, im Sonnenuntergang Richtung Hafen, wo auch schon die Fähre Richtung Fuerteventura wartete.

Blick von der Steilküste auf die Strände Fuerteventura’s

Tag 2
Fuerteventura ist von der Landschaft ähnlich wie Lanzarote. Viel Sand, Felsen und Lavawüsten. Nur der Wind bläst dort noch etwas stärker. Tendenziell profitiert man aber auf der gesamten Route vom Nordost-Passatwind, welcher relativ konstant von Afrika aus über die Inseln zieht. Da Lanzarote und Fuerteventura deutlich flacher sind als die Inseln im Westen, ziehen die Wolken darüber hinweg, wodurch es dort sehr trocken ist.

Am Abend des Tages ist auch die zweite Insel gemeistert. Nach über acht Stunden im Sattel stehen 156 km mit 2.500 hm auf dem Radcomputer. Von den 45 Teilnehmerinnen der „Women’s Rally“ haben es noch sieben Fahrerinnen am zweiten Tag bis in den südlichen Hafen von Fuerteventura geschafft. Da die letzte Fähre schon weg war, suchten sich alle noch schnell ein Hotel für die Nacht. Diese sollte allerdings recht kurz sein. Denn die Fähre am nächsten Morgen nach Gran Canaria legte schon um 6:30 h ab, die nächste dann erst wieder um 16:30 h.

Durch die Wolkendecke, im Gebirge von Gran Canaria

Tag 3
Es sollte der härteste Tag werden: Dass ich mein Hotel auf Teneriffa (Insel #4) bereits für Tag 5 nach dem Start gebucht hatte, stellte sich als sehr optimistisch heraus. Der Plan war es, in den ersten drei Tagen jeweils eine komplette Insel zu fahren, um dann für Teneriffa zwei Tage Zeit zu haben.

Waren die Gravelpassagen auf den ersten beiden Inseln noch ganz gut zu fahren, wäre es wohl auf Gran Canaria die bessere Entscheidung gewesen, auf der „Road-Route“ zu bleiben. Mit dem Gravelbike ist man hier definitiv falsch. Selbst mit dem MTB wäre es eine Herausforderung. Extrem steile Anstiege auf verblockten steinigen Wegen, und immer nah am Abgrund entlang. Definitiv nichts für schwache Nerven. So gab es dann auch den einen oder anderen Schiebekilometer.

Landschaftlich ist Gran Canaria ein absoluter Traum. Die grünen, nassen Wälder sind das komplette Kontrastprogramm zu Lanzarote und Fuerteventura. Die Abschnitte auf Asphalt sind super zu fahren und gegen Ende wurden dann auch die Schotterpisten wieder etwas besser. So ging es dann im Dunkeln voll konzentriert die letzte lange Abfahrt durch den Wald hinunter bis nach Agaete, wo sich der westliche Fährhafen von Gran Canaria befindet. Am späten Abend standen 145 km und 3.800 hm zu Buche (nach über zehn Stunden Fahrzeit).

Kontrastprogramm – auf Gran Canaria ist alles schön grün

Tag 4
Ich entschied mich, am nächsten Morgen erst einmal auszuschlafen und nahm erst die zweite Fähre des Tages um 12:00 Uhr nach Teneriffa. So ging es an Tag 4 erst gegen 14:00 Uhr auf’s Rad.

Da es an diesem Tag sehr viel regnen sollte, fuhr ich nur den ersten Teil der Insel bis La Esperanza auf 1.000 m Höhe. Dort fand ich spontan eine Unterkunft. Für 30,- EUR bekam ich ein Zimmer bei einer sehr gastfreundlichen Familie in dem kleinen Bergdorf. Immerhin schaffte ich in den gut vier Stunden Fahrtzeit an diesem Tag noch 55 km mit 1.600 hm.

„Waldautobahn“

Tag 5
Das Ziel war klar. Da das Hotel in Los Christianos, Teneriffa’s südlichstem Ort, bereits gebucht war, standen nochmal knackige 122 km mit knapp 3.000 hm auf dem Plan.

Auf super Waldwegen und perfekten Gravelpisten ging es die ersten 55 km stetig bergauf. Durch den Nationalpark ging es über den Teidepass auf 2.330 m über dem Meer. Vom Vulkan selbst bekam man aber nichts zu sehen, da er von einer dichten Wolkendecke umgeben war. So wurde es ab einer Höhe von ca. 1.800 m wieder ordentlich nass, ohne dass es wirklich regnete. Hier war kaum noch jemand unterwegs. Ein paar vereinzelte Wanderer, ansonsten keine Menschenseele. Und wenn man sich mal die Zeit nimmt für eine Pause, kann man hier oben diese absolute Stille „hören“, welche man wohl nur in den Bergen erleben kann.

Von hier ab ging es erst einmal sehr lange fast ausschließlich bergab – immer noch im Teide-Nationalpark – auf Gravelpisten Richtung Meer. Ca. 30 km vor dem Tagesziel musste allerdings noch eine Schlucht überwunden werden. Der einzige Weg auf die andere Seite war der Abstieg und anschließendem Wiederaufstieg auf einem engen, steinigen Wanderpfad. Spätestens hier ärgert man sich über jedes Kilo zuviel Gepäck am Rad. Aber auch das schafft man dann irgendwie. Und solche Abschnitte gehören auch vielleicht einfach zu so einem Abenteuer dazu. Nach einer knappen Stunde Kletterei folgte dann bald die finale Abfahrt auf Asphalt … nach über acht Stunden im Sattel, in der Abendsonne Richtung Hotel …

Tag 6
RUHETAG ! 😇

Tag 7
„Lockere“ Rennradrunde auf Teneriffa, ohne Gepäck, 76 km / 1.700 hm

Blick von La Gomera aus auf den Pico del Teide, 3.715 m hoch

Tag 8
Finale auf La Gomera: Nach drei Nächten im selben Hotel ging es noch einmal auf die Fähre. Zum Abschluss des ganz persönlichen „Granguanche“ ging es direkt nach dem Frühstück rüber auf Teneriffa’s Nachbarinsel.

La Gomera ist ein einziger großer Vulkan. Höchster Punkt ist der Alto Garajonay-Gipfel mit 1.487 m. Ich entschied mich für die Original-Roadroute, welche es mit gut 3.000 hm verteilt auf 100 km nochmal ordentlich in sich hatte. Auch hier geht es vom Hafen aus direkt nach oben. Flache Strecken gibt es nicht. Es lief aber, trotz der Strapazen der letzten Tage, erstaunlich gut. Die wenigen Autofahrer sind total entspannt und fahren minutenlang hinter einem her, bis sie mit großem Abstand überholen können. Manchmal wird man sogar noch angefeuert.

Die Landschaft auf La Gomera ist absolut traumhaft. Alles grün. Wie auf Gran Canaria. Auch hier ging es wieder durch die Wolkendecke. Und aus dem Nebel wurde schließlich ein ordentlicher Regen, sodass es komplett nass auf die letzte kalte Abfahrt hinunter ans Meer ging. Aber auch das war nach einem heißen Kaffee in der Sonne am Hafen schnell wieder vergessen.

Auf der letzten Fährfahrt, zurück nach Teneriffa, in Gesellschaft von ein paar spanischen Roadbike-Senioren, wurde ein komplett positives Resümee der Reise gezogen.

Die Bilanz meiner ganz persönlichen „GRANGUANCHE“:

  • 8 Tage
  • 5 Inseln
  • 800 Kilometer
  • 17.500 Höhenmeter
  • 48 Stunden im Sattel
  • 16,7 km/h im Schnitt

…und nicht zuletzt ganz viele Eindrücke und ein großes Abenteuer!

Autor: Sascha Kaufmes

Die Leine-Deister-Zeitung berichtete

Mit freundlicher Genehmigung der Leine-Deister-Zeitung

4 Gedanken zu „Glitzernde Strände, steile Gipfel, leere Wüsten und tropische Regenwälder – Saschas persönliche „GRANGUANCHE““

  1. Danke Sascha für dein Bericht. Es macht Spaß es zu lesen. Ich werde die Tour im März auch alleine nachfahren, aber die Road Route. Uch freue mich schon drauf

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